Denkmal Heinrich Posthumus Reuss (1572 – 1635)

Denkmal Heinrich (II.) Posthumus Reuss (1572 – 1635) und Freiflächengestaltung: Johanniplatz, Gera
Lichtkunst: ca. 30 x 40 Meter
Auftraggeber: Stadt Gera
Wettbewerb: Ausführung: 2007

Denkmal und Platzgestaltung Heinrich Posthumus Reuss (1572 - 1635)

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Denkmal Heinrich Posthumus Reuss (1572 - 1635) bis 1956. Bild (1), S.1

Sarkophag Heinrich Posthumus Reuss (1572 - 1635) Foto: Günter Hahnebach, Gera, (2) S. 271

Sarkophag Heinrich Posthumus Reuss (1572 - 1635) Foto: Günter Hahnebach, Gera, (2) S. 271

Undatierte Abbildung des Beschriftungsprogramms des Sarkophages. Stadtarchiv Gera. (2) Stein, Ingeburg, Dr.: Musik im Trauerzeremonial der Reussen - Medium zwischen Diesseits und Jenseits. Abb. S. 247

Grundriss der ehemaligen St. Johanniskirche um 1780 mit der Rekonstruktion der Lage der Kirchenfenster für die Denkmalanlage. Abb. des Kirchengrundrisses aus Mues, Siegfried: (2) Sachbericht zur Geschichte der Sarkopharge aus dem Haus Reuss-Gera. S. 168

Darstellung des Grundrisses der ehemaligen Johanniskirche im neuen Stadtbild über die Lage der Kirchenfenster.

Blick zum Gymnasium

Gedenkstein mit einem schmalen rot hinterleuchtetem Glasband, welches ein Lebensbekenntnis von H. P. Reuss trägt.

Beschriftung des Glasbandes.

Blick vom Johannisplatz

Blick vom Johannisplatz

Blick vom Johannisplatz

Blick vom ehemaligen Gymnasium: Das Licht ist dezent und dem Charakter der Anlage entsprechend in seiner Intensität zurückgenommen.

Die archeologische Grabung zeigt die Grundmauern der Johanniskirche. Hier der Altarbereich.

Die LED- Bänder sind auch tagsüber blau sichtbar und leuchten abends und nachts in einem dunkelblauen Sonderfarbton. Der dunkelblaue Farbton der LED Bänder ist eine Sonderanfertigung für diese Freiflächengestaltung.

Die Konstruktion der Graniteinfassung für die Glasbänder imaginiert einen horizontalen Schnitt durch das Kirchenfenster.

Abstract: Über den Grundmauern der ehemaligen Johanniskirche werden die großen Bleiglasfenster durch Linien aus blauem Licht am Boden sichtbar gemacht, einem horizontalen Schnitt durch eine imaginäre Kirche ähnlich. Dadurch ist der Grundriss der alten Kirche definiert, ohne Einzelheiten wie Pfeiler, Verstrebungen und Treppen zu benennen. Zwischen dem so mittels der Fenster gebildeten „Kirchraum“ liegt ein Block aus schwarzem Granit, teils innerhalb des „Heiligen“, teils im „weltlichen Raum“. In der gedachten Verbindungslinie leuchtet im Stein ein dünnes rotes Glasband, in welchem das Lebensbekenntnis von Heinrich Posthumus eingeschrieben steht, welches sein Verhältnis zur Stadt Gera charakterisiert:

Diese Stadt hat mich von Gott erbeten billich das ich auch bey Jir stehe vnnd zusetze. Heinrich Posthumus Reuß (1572 – 1635)

Die Linie der über 800 jährigen Dynastie der reussischen Grafen (und späteren Fürsten) in Gera, wurde durch die Geburt des Sohnes Heinrich 1572, gesichert. Sein Vater war noch während der Schwangerschaft der Mutter verstorben. Der nachgeborene Sohn, Heinrich Posthumus, wurde, etwa 30 Jahre nach der Reformation, von seinen drei Vormündern zu streng evangelischem Glaubensbekenntnis erzogen. Er gilt heute als der Bedeutenste Sohn der Stadt Gera.

Das Denkmal von Heinrich Posthumus Reuss aus den Jahr 1836 stand bis 1956 auf dem Johannisplatz in Gera, wurde aber zerstört. (1)

Neben der Reformierung der Staatsorganisation und der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bestand sein Hauptverdienst in der Schaffung bürgerlicher Bildungsmöglichkeiten. Zu dem Zweck stiftete er 1608 neben der damaligen St. Johanniskirche auf dem Johannisplatz das erste Gymnasium der Stadt, die reußische Landesbildungsanstalt „Rutheneum“. In den Grüften der St. Johanniskirche befand sich auch die Grablege des Hauses Reuß-Gera. Bürgerliche Bildung und religiöses Leben waren – entsprechend seiner eigenen Biografie – eng verwoben.

Die Kunst des Sterbens
Mit der selben Besonnenheit und Weitsicht, mit der Heinrich Posthumus die Staatsgeschäfte führte, bereitete er auch sein Sterben vor. Die Beschriftung seines Sarkophages mit Sprüchen aus der Bibel an den Innen- und Außenseiten sind ein besonderes Zeugnis der Auseinandersetzung um Wahrheit und letzte Gewissheit im Leben und für eine Existenz im Jenseits. „Es ist … Kernstück lutherischer Theologie und Frömmigkeit,… , der existentiellen Zuneigung des geglaubten Inhalts“. Sie wurde von ihm zu Lebzeiten sorgsam geplant und in Auftrag gegeben.
„… es ist das Einhüllen auch des Leibes mit den Trostworten, in die der Sterbende zuvor seine Seele gehüllt hat. Dabei richten sich die Worte… nach seinem Ableben als Trostworte und Zeugnis an die Hinterbliebenen. Diese Doppelsinnigkeit kommt besonders deutlich zum Tragen, wenn … die gewählten Sprüche zugleich zur Textgrundlage eines Teiles der Begräbnismusik bestimmt sind.“ (2)

Um die Worte in Musik zu setzen wurde kein geringerer als Heinrich Schütz (1585-1672) beauftragt und sie wurde wohl auch zu Lebzeiten Heinrich Posthumus aufgeführt. Der Text erlangte über die Begräbnismusik hinaus in Teil I der „Musikalischen Exequien“ ( SWV 279-281) besondere Bedeutung und wurde eines der am meisten aufgeführten Werke des Komponisten. Der sich im Leben und Sterben äußernde Glaube richtet sich so noch heute an die weiter Lebenden.

Denkmal- und Freiflächengestaltung
Das Wirken von Heinrich Posthumus Reuß in der Stadt Gera lässt sich verstehen, wenn man sein Leben als weltlicher Fürst in seine tiefe Religiosität eingebunden betrachtet. Deshalb wird die ursprüngliche räumliche und geistige Verbindung zwischen der alten St. Johanniskirche und dem bürgerlichen Gymnasium wieder hergestellt.

Auf dem Johannisplatz werden über den Grundmauern der ehemaligen St. Johanniskirche die großen Bleiglasfenster durch Linien aus blauem Licht am Boden sichtbar gemacht, einem horizontalen Schnitt durch eine imaginäre Kirche ähnlich. Dadurch ist der Grundriss der alten Kirche definiert, ohne Einzelheiten wie Pfeiler, Verstrebungen und Treppen zu benennen. Das Licht durch die Kirchenfenster war im Leben des mittelalterlichen Menschen ein wesentlicher Teil seiner Transzendenz- und Jenseitserfahrungen (‚vom Licht Christi durchschienen‘). Weiterhin stellten die Kirchenfenster die materiellen Zeichen und Verweise dar, durch die hindurch der Geist „aufsteigt“ und aus der Versenkung wieder „aufersteht“, um mehr und mehr in die entgrenzte Lichtfülle des Göttlichen überzugehen.
Zwischen dem so mittels der Fenster gebildeten „Kirchraum“ liegt ein Block aus schwarzem Granit, teils innerhalb des „Heiligen“, teils im „weltlichen Raum“. In der gedachten Verbindungslinie leuchtet im Stein ein dünnes rotes Glasband, in welchem das Lebensbekenntnis von Heinrich Posthumus eingeschrieben steht (3), welches sein Verhältnis zur Stadt Gera charakterisiert:

Diese Stadt hat mich von Gott erbeten,
billich das ich auch bey Jir stehe vnnd zusetze.
Heinrich Posthumus Reuß (1572 – 1635)

Die Beschriftung im Stein nimmt Bezug auf die Beschriftung seines Sarkophages. Letztere ist „sein persönliches Glaubensbekenntnis, ein Zeugnis Lutherischer ars moriendi“. (2) Mit der Beschriftung des Glasbandes im Stein wird auf sein Leben verwiesen, so wie durch den Ort der Setzung auf die Verbindung und Einheit seines Glaubens, Lebens und Wirkens.

Der flache, große Stein hat die Höhe von einem einem Tisch. Er ist ein Gedenkstein im Leben, denn der Mann verstand auch zu feiern (in Gesellschaft trug er den Namen „Der Speisende“) (3), war zudem ein geschickter Diplomat und nahm vor allem unmittelbaren persönlichen Anteil an der Regierung und Verwaltung seines Landes.

Der Grundriss der ehemaligen Johanniskirche erstreckt sich über die gegenwärtige Platzgestaltung hinaus. So wird sichtbar, dass jedes Stadtbild einem permanenten Wandel unterliegt und sich überlagert.

Die LED Bänder sind auch tags über blau sichtbar und leuchten nachts in einem extra hierfür angefertigtem dunkelblauen Sonderfarbton. Das Licht ist dezent und dem Charakter der Anlage entsprechend in seiner Intensität zurückgenommen.

Die Freiflächengestaltung der Denkmalanlage erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro VTU GmbH Gera.

 

(1) Stolle, Michael: „Das Heinrich-Posthumus-Denkmal in Gera“, Reussischer Posthumus Verein e.V., Gera 1991, S.4(2) Steiger, Renate, Dr. „Der Gerechten Seelen Sind In Gottes Hand“; Der Sarg des Heinrich Postumus Reuss als Zeugnis Lutherischer ars moriendi; in Band IV der Sonderreihe „Monographien“ ; Stein, Ingeborg (Herausgeberin). Diesseits und Jenseitsvorstellungen im 17. Jahrhundert. Interdisziplinäres Kolloq. 3.-5.2.1995. Protokollband. Im Auftrag der Foschung- und Gedenkstätte Heinrich Schütz- Haus , Bad Köstritz, 1. Aufl. Jena: quartus-Verlag 1996 , S.193

(3) Müller, Anke: ebenda: Heinrich Posthumus Reuss – Verwirklichung eines Lebenskonzeptes zwischen Tradition und Gegenwart, S.171

Mues, Siegfried: ebenda: Sachbericht zur Geschichte der Sarkophage aus dem Haus Reuss-Gera.
dort: Abb.Grundriss der St. Johanniskirche um 1780

Stein, Ingeborg, Dr.: ebebda: Musik im Trauerzeremonial der Reussen – Medium zwischen Diesseits und Jenseits. Abb. S. 247 (Särge)

ebenda: „Gerette Sarkophage der Reussischen Fürsten Jüngere Linie“, Fotos: Günther Hahnebach, Gera. S.271

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